Es sind nur wenige Sätze, die Andy (gewisse Ähnlichkeiten mit Kermit, dem Frosch lassen sich auf den ersten Blick nicht von der Hand weisen) zum Besten gibt. In Karel Čapek utopischen Klassiker „Der Krieg mit den Molchen“ – von Martina Gredler für die Bühne des Schubert Theaters dramatisiert – gerät der sprechende Molch dennoch zur Attraktion. Lange währt sein Ruhm allerdings nicht – ein Zuviel an Schokolade führt zum baldigen Ableben des Publikumslieblings. Möglicherweise hätte die Bevölkerung ihn weniger verhätschelt, hätte sie gewusst, was ihr noch bevorsteht. Das schlaue Reptil ist einer von bald schon Milliarden von Molchen, die letztendlich für die beinahe Ausrottung der Menschheit verantwortlich zeichnen. Derweil beginnt die Geschichte wie so oft im Leben relativ harmlos – mit einem Tauschgeschäft an der Küste Sumatras.
Der von einem holländischen Schifffahrtsunternehmen mit der Erschließung neuer Geldquellen beauftragte Kapitän van Toch (meisterhaft fluchend von Puppenspielerin Aleksandra Corovic zum Leben erweckt) setzt die von ihm entdeckten bis dato unbekannten und erstaunlich intelligenten Wesen für die Gewinnung von Perlen ein. Nachdem eine Übersättigung des Marktes eingetreten ist, geht die mittlerweile gegründete Kompanie dazu über die Tiere als Arbeitskräfte zu verkaufen. Eingeteilt in Preisklassen von „Leader“ bis „Trash“ werden sie für die Errichtung von Unterwasserbauten bis hin zur Sicherung der Küsten eingesetzt. Doch schon bald fordert die stark angewachsene Molchpopulation mehr Lebensraum; Küstenregionen werden unter Wasser gesetzt und die Menschen immer weiter ins Landesinnere verdrängt.
Humorvoll ohne erhobenen Zeigefinger
Es entbehrt dabei nicht an tragischer Ironie, dass die Menschheit an ihrer Dezimierung fleißig mitgewirkt hat. Zu lukrativ ist das Geschäft mit den Molchen, die sich mittleierweile in sich bekämpfende Gruppen aufgeteilt haben. Der Waffenmarkt boomt.
Ebenso treffsicher wie die Pointen, die von den Schauspielern kontinuierlich in den Zuschauerraum abgefeuert werden, verfehlt auch die ernste Botschaft, die hinter der satirischen Handlung steht, ihre Wirkung nicht. Obwohl das Werk bereits in den 30er Jahren im Vorfeld des Zweiten Weltkrieges erschienen ist, hat es bis heute nichts an seiner Aktualität eingebüßt. Ausbeutung zugunsten von Gewinnmaximierung, imperialistische Bestrebungen und das Erstarken faschistischer Regime: Themen die zu Čapeks Zeiten brandaktuell waren – Themen die es noch heute sind. Rechnet man die Zerstörung der Umwelt hinzu, vermutlich sogar aktueller denn je.
Das alles macht aus „Der Krieg mit den Molchen“ eine tiefschwarze Parabel vom Zustand unserer Welt – humorvoll vom Team des Schubert Theaters in Szene gesetzt. Auf die Zuseherinnen und Zuseher wartet ein unterhaltsamer Abend ohne erhobenen Zeigefinger; eineinhalb Stunden, die wie im Flug vergehen, mit Sätzen, die nachhallen. Wenige Worte, die das System des Kapitalismus vermutlich besser auf den Punkt bringen könnten, als jene von einem findigen Geschäftsmann geäußerten: „Ich weiß nicht was ein Molch ist, ich kenne nur seinen Preis.“ Großes Theater auf kleiner Bühne. Bravo!
Der Krieg mit den Molchen
Kommende Termine: 27., 28., 30. Jänner sowie 25., 26. und 27. Februar, 19.30 Uhr
Schubert Theater Wien
Währingerstraße 46
1090 Wien
http://schuberttheater.at/
© Fotos: Schubert Theater Wien
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